FA in Soyhières: Adrift

von Chris

Links von ‘L’aventure‘ suchten bereits in den neunziger Jahren Phillipe Steulet und später auch Robert Jasper nach einer neuen Linie und setzten recht wild verteilte Bolts. Ernsthafte Versuche gab es jedoch keine. Als ich mit Issac Caldiero und Dave Graham an einem regnerischen Maitag 2002 Soyhières besuchte und wir uns von der oft ätzenden Nässe der Wand überzeugten, versuchte Dave das Projekt – die einzig trockene Passage der ganzen Wand. Nach diversem Auschecken sprach er von einer potenziellen 8b+ über ein kurze Boulderpassage (die er allerdings nicht weiter versuchte), was mich davon abhielt diese Route je zu versuchen und sie deshalb quasi vergass.

Acht Jahre später, während die Meteorologen von einem der trocken-sten Aprilmonate, welchen es je gegeben habe, sprachen, hatte das Gebiet aber offenbar nichts von der Trockenheit abbekommen. Die Wand und damit mein eigentliches ‘Overdose‘-Projekt tropften fröhlich vor sich hin. Als ich und Martina auch an Ostern wieder einmal mehr von einer triefenden Wand begrüsst wurden, stach mir diesmal aber dieser scheinbar ewig trockene Wandteil links der ‘L’aventure‘ ins Auge. Die darauf folgende intensive Bouldersession ergab eine superbe Einzelstelle in bestem Fels mit interessanten Seitleisten und die Möglichkeit die Route nach unten zu verlängern. Damit entstand eine eigene Linie, die vollständig unabhängig von ‘L’aventure‘ ist. So verbrachte ich Ostern mit der Mühsal des Bohrens (5 Klebebolts unten und 4 Spits oben), wurde dabei aber von Martina super unterstützt und mit einem fantastischen Projekt belohnt.

'Adrift' - Versuch während die Sonne untergeht.

Die folgenden Versuche, in denen mich Markus aufopferungsvoll sicherte, versprachen ein schönes Erlebnis mit der Route… bis zum Moment, als ich meinte, ich könne zwei schwierige Züge mit einem akrobatischen Hook rechts abkürzen. Das war keine gute Idee… überdehnte Muskeln und Sehnen auf der Innenseite des Knies – offenbar ein typischer Kletterunfall, wie ich später aufgeklärt wurde – erlauben mir nun seit mehr als 3 Wochen nur noch weniger steile Klettereien. Aber immerhin, keine gravierende Blessur.

Nun, letzten Freitag wagte ich wieder eine Session im Projekt, motiviert durch eine schnelle Begehung der Boulderroute ‘Extrabreit im Engpass‘ am Chuenisberg ein paar Tage zuvor. Hooks waren aber immer noch nicht möglich, so erfand ich über die ersten drei Bolts eine “Reha-Variante“ mit einem unangenehmen Hinterkreuzzug. Aber wenigstens ging es so. Der Sieben-Zug-Boulder am 4. Bolt endet mit einem heiklen und weiten Seitdynamo nach links, während die rechte Hand nicht genau weiss, wie der Seitleisten-Pinch am besten gehalten werden will.

An diesem Zug flog ich acht Mal ab, bis ich heute nach einem weiteren Fehlversuch vor lauter Übermotivation das in jeder Trainingslehre mit mahnendem Zeigefinger erwähnte Prinzip der “lohnenden Pause“ missachtete und unmittelbar wieder einstieg… Gut fühlte es sich tatsächlich nicht an, aber es klappte diesmal und weiter über die anschliessende 7b bis ganz oben. Ganz bestimmt half auch die gelöste und motivierte Stimmung am Fels mit Martina (im Eilzugstempo durch 'L'aventure'), Andi, Silvan, Franz (mit einem Durchstieg von ‘Déjà‘ ), Lukas und Säm sowie Jöni (die beide mit '’Public Domain‘ aufräumten). Und das trotz intensivem Regen im Rücken...

Adrift‘ bedeutet: haltlos, treibend, sich loslösen, aber auch: schiefgehen. So fühlte es sich in den Versuchen an, das kaputte Knie, das Scheitern im koordinativ schwierigen Seitdyno. 8a oder 8a+, à confirmé, on verra! (Fast) immer trocken, alles in exzellentem Fels (abgesehen von 8 m Vorbau…).

'Adrift' ist die Linie 21 (zur Vergrösserung auf pic klicken)

Kommentare

martin hat gesagt…
hehe, nimmermüde packst du einen fa nach dem anderen aus deinem hut, und das wird immer besser - weiter so ;)