Kalymnos

von Chris

Für uns Kletterer aus aller Welt ein Magnet. Eine kleine Insel in der Ägäis, archaisch einfach in seiner Landschaft, aber  – und davon konnte ich mich nun selbst überzeugen –  reich an wunderbarem Fels. Ich versuchte lange diesen Hotspot zu meiden. Meine Vorstellung lagen im Bereich von ewigem Anstehen vor Climbs in mit Kletterern überfüllten Gebieten bis infernalischer Hitze in schattenlosem Kalk… Ich glaube, solche Momente und Zeiten gibt es auf der Insel wirklich. Doch kann man in die kühleren Jahreszeiten ausweichen, dann, wenn man neben dem Klettern nicht mehr baden kann und  keine Charter mehr fliegen. Das mag Viele abschrecken, zumal in den kalten Monaten auch das Wetter unsicherer ist. Doch ich bevorzuge dennoch die Ruhe. Auch haben die Einheimischen mehr Zeit für ein kleines Schwätzchen, die Stimmung ist entspannt. Ganz im Winter muss Massouri – die
zentrale Baseis für uns Kletterer – aber wie eine Geisterstadt wirken. Mit ein paar wenigen Ausnahmen hat alles andere geschlossen.


Jurassic Park
Es ist zweifelsfrei ein fantastischer Ort. Mit der Bucht und der Nachbarinsel Telendos ergibt sich ein Landschaftsbild, das eine eigene, spezielle Stimmung hat. Als ich zusammen mit Martina die Insel betrat, wussten wir, es würde eine wunderbare Zeit geben. Etwas Besonderes ist den mediterranen Inseln eigen… sie haben Magie!


Odyssey
Schon von Weitem sichtbar hängen die Stalaktiten und Sinter in geradezu absurder Orchestrierung in der Grande Grotta. Sie bilden einen Himmel für sich. Ich hatte schon viele Sintergebilde in der Hand, aber solche noch nicht. Überhaupt bin ich keinem einzigen murksigen Zug oder unangenehmen Griff begegnet. Der Fels ist aussergewöhnlich kletterfreundlich und fiel mir als hautschonend auf. Die Sinter sind eben nicht stachelig… So kann man viel mehr klettern als vergleichsweise in anderen Gebieten, wie z.B. in Frankreich oder Spanien. 

Nehmen Sie Platz... :) Secret Garden
Vielleicht einer der Gründe, warum viele mit langen Ticklisten nach Hause fahren… es bereitet einfach auch unglaublich ein Vergnügen, diese wunderbaren Climbs unter die Finger zu nehmen. Ich kann mich auch nicht erinnern, in den zwei Wochen einmal eine miese Kletterei erwischt zu haben… Was ich auch noch nie gesehen habe ist die Fülle an leichten und schweren Climbs in unmittelbarer Nachbarschaft.

Es gibt wahrhaft viele Gründe, die Insel zu mögen – trotz der bisweilen tourimässigen Anbiederung. Oben an den Felsen ist man ja weit genug davon entfernt. Momente der absoluten Stille und Einsamkeit in Sektoren wie Jurassic Park hoch über dem Meer und der Bucht sind einfach einzigartige Erlebnisse.

Böse Zungen haben schon behauptet, die den Climbs angedachten Zahlen seien Ferienbewertung, sprich um mit übermässigen Bewertungen Touris anzulocken. Nun, führt man sich einmal die alten Topos von 2006 und 2010 zu Gemüte und gleicht diese selbst kletternd mit der Wirklichkeit ab, dann bewegen sich einige Bewertungen tatsächlich im Bereich des Fantastischen. Doch Abhilfe schafft die neue Topo-App, das überwiegend Akzeptables bereithält. Man mag sich ja schon nicht gerne betrügen. Zum Beispiel die erste Länge des Klassikers 'DNA'. Ursprünglich mit 7b angegeben, dann lange mit 7a, erscheint die 6c+ in der Topo-App ganz akkurat. Es geht auch  andersherum, z.B. mit 8a+ ist die fantastische 'Labyrinth' prügelhart. Mir scheint, dass die Zahlen ein wenig davon abhängen, wer welches Gebiet eingerichtet hat. Entdeckt für euch selbst, mehr wird nicht geplaudert…

Grande Grotta
2014 habe ich Vieles richtig gemacht… So hatte ich immer dann einen Peak, wenn ich auf Roadtrip war, in St. Lèger, in Flatanger und auf Kalymnos. Das Klettern war geradezu rauschhaft, die Stimmung hoch – pure Lebensfreude ohne Sorgen um das Morgen und um irgendetwas zu müssen. Eine seltene Leichtigkeit in Geist und Körper. Es war Freiheit in atemberaubender Landschaft und an genialen Climbs – dahin hatte mich der ganze Prozess, der mich durch das Jahr begleitete - meine Entwicklung im Klettern - nun gebracht.
Stimmung in der Unterkunft...

Irgendwie kein Wunder, dass in diesen Moment mit 'Punto Caramelo' auch mein schwierigster Flash fiel: auf dem Papier 8a+, ist sie auch korrekt geklettert wohl maximal 8a. Gelegenheit gab es ja genug, um in dieser Route anderen Kletterern zuzuschauen , scheint sie doch recht beliebt zu sein. Den Climb korrekt zu klettern bedeutet, in der oberen Hälfte in der Linie der Bolts und im Dach zu bleiben (man kann ausweichen). Durch Griffausbrüche bei der Umlenkung, ist das Klippen derselbigen die leider etwas unschöne, letzte Crux…

Die Climbs in der Grande Grotta und im Jurassic Park haben uns am besten gefallen. Aber das ist ja Geschmackssache. Wir werden wieder kommen. Ein paar Linien habe ich schon als Projekte ins Auge gefasst. Und… es ist einfach unvergleichlich, den Kaffee zum Frühstück auf einer Terrasse über dem Meer zu geniessen, im Wissen, dass ein wunderbarer Klettertag bevorsteht…
Abendstimmung mit Telendos
Hier eine kleine Ticklist: The mole that cram full 8a+, Labyrinth 8a+ (hart!), DNA Extension 8a/a+, Punto Caramelo 8a (flash), Sardonique 8a, Daniboy 8a, Zawinul Syndicate 7c/c+ (on sight), Syrtaki Lessons 7c+, Andromeda 7c+ und – für mich – eine Menge 7b und 7b+ on sights, von welchen ich als besonder toll Priapos, Tufa King Pumped und Inti Raymi in Erinnerung behalten habe…

Kommentare

Anonym hat gesagt…
Hallo Christian, Kalymnos hat mich das erste Mal auch so begeistert, dass ich noch einige Male angehängt habe. Es ist ein Kletterparadies kombiniert mit Ferienstimmung pur: Wieviel Arbeit die GriechInnen auch haben, sie sind immer freundlich, grosszügig und haben Freude an den Kletternden. Das ist das schönste Gefühl, das sich bei jedem Besuch wiederholte, auch wenn man nicht in solchen Sphären klettert wie du. Herzliche Gratulation zu deinen Onsights und Highlights von Annemarie + Patrik
Chris hat gesagt…
Ciao Annemarie und Patrik. Was ihr schreibt kann ich nur unterschreiben. Die Insel und seine Bewohner haben einfach gute Vibes. Das Leben ist relaxed. Da ist man ein Stück näher an der Beantwortung der Frage, was man im Leben eigentlich braucht... wer wie schwer klettert, spielt keine Rolle. Auf das Erlebnis und den Prozess als Mensch und Kletterer kommt es an. Trotzdem, Danke für eure Gratulation. Hoffentlich bis bald mal wieder am Fels beim chlimme... ;) Gruss Chris