Barbarella...

von Chris

Die letzte Woche war wild… oder genauer: Die Tage in Soyhières waren wild. Wieder hatte ich Gelegenheit auch unter der Woche raus zu kommen. Es ist schön zu spüren, wie nach langer Zeit wieder diese Power in den Körper kommt, den Tonus in den Armen zu fühlen, der Kopf frei. Diese reine Motivation, wenn auch selbst im Alltag die Wahrnehmung wie übersteigert wirkt. Nur aufpassen, dass ich nicht ganz überdrehe. Dieser Fokus in den einzelnen Versuchen. Nur aufpassen, dass ich die Motivation nicht verschleudere, denn dann ist der psychische Fall tief…

Aber ich habe die Chance nützen können. Wie tief das geht. Zuerst noch die Geduld strapaziert, als ich am Samstag im vorletzten Zug fiel. Aber ich konnte es akzeptieren, da ich realisierte, dass das Problem im Durchstieg bis zum allerletzten Zug liegt. Das macht diese Kletterei schon spannend. Sie ist unglaublich, wie in sich abgeschlossen, kompakt wie aus einem Guss. Kein Murks und grosszügig in den Bewegungen. Kein Geplänkel auf den letzten Metern. Das Resistance-Problem endet doch erst am Ausstiegshenkel.
Dann der Durchstieg, als sich meine Wahrnehmung wie ausserhalb von mir bewegte, weil ich so müde vom frühen Aufstehen und der Arbeit am Morgen war. Ich fühlte, wie mir der Schlaf fehlte. Der Erfahrung nach hätte heute unter solchen Voraussetzungen am Fels eigentlich gar nichts gehen dürfen, zumal ich mich schon im Zustieg zur Wand wie ein schlaffer Sack fühlte... Den ersten Versuch hatte ich ohne jegliche Körperspannung ganz miserabel in den Sand gesetzt. Es war also aussichtslos...
Als ich dann aber zum zweiten Mal einstieg, erinnere ich mich an die spezielle, gar schon seltsame Klarheit und Stimmung. Vielleicht war es auch von Vorteil ohne jegliche Erwartung zu sein. Ich hatte nichts zu verlieren, also kletterte ich einfach... Denn ohne die sonst üblichen Schreie für die Selbstmotivation und dem Gefühl der immer präsenten, grässlichen Anstrengung kam ich über die drei Sloper. Jene Stelle, an der ich so oft der Schwerkraft erlag. Leer die Arme zwar, aber einfach weiter, weiter. Vorletzter Zug. Es ging diesmal. So weit gekommen! Dann urplötzlich das innere Aufwachen. Ganz deutlich wieder im Körper darin. Eine Schrecksekunde. Es geht nicht mehr im letzten Zug...! Rückzug in die innerste Mitte. Leere Unterarme, kein Vermögen mehr mich aufzurichten. Kurz die rechte Hand gelöst, die Finger in der Hoffnung einer kurzen Erholung gestreckt. Der Körper schwer wie Stein. Aber die Sinne doch wach, konzentriert auf die noch letzte Schwierigkeit. Das kurze Aufbäumen, die Erfahrung der letzten 28 Jahre Klettern gesammelt. Ganz ruhig atmen. Rechts wieder den Sloper fixiert und links mit Hilfe noch nie getesteter Zwischengriffe weiter… erst einen, dann den zweiten, noch einen dritten. Dann der Ausstiegsgriff, mit Mühe den Umlenker geklippt. Müde, Entspannung, Ruhe... und alles in einer deutlichen Klarheit. Ein Traum ist realisiert... liegt schon hinter mir... ist schon längst Vergangenheit...
Barbarella ist Martina, die mich ermuntert hat, wieder einmal eine schwerere Kletterei zu projektieren. Sie, die wunderbare Frau, inspiriert mich zum Routennamen. 8b? Wer weiss… Intensiv genug war es. Merci an alle, die mir ein sicherndes Händchen zukommen liessen: Martina, Juschi, Pieter, Olivier, Andy, Uli und Christoph.

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