One of these days... Double-Feature FA am M

von Chris

Im Leben muss man nicht alles verstehen.
Mal sehen, wie diese Lebensweisheit in der Praxis aussieht.

Beim elefantösen Nilpferd verhält es sich nämlich so, dass es in realitätsfremder Weise versucht, Unmögliches (am Fels) durch möglichst wenig dafür tun (rumhängen statt sinnvoll trainieren) möglich zu machen (abartig schweres Zeugs durchzusteigen). Die als allgemein gültig erklärte Vernunft weiss daraufhin zu sagen: es ist halt verträumt. Und schiebt dann gleich hinterher: es sollte lieber mit seinen Beinen fest im Leben stehen. Das kommt beim Elefantennilpferd nicht an, weil es sich bei dem Gerede trotzdem lieber an die oben aufgeführte Lebensweisheit hält.

Elefantennilpferde und im gesellschaftlichen Kontext definierte Vernunft verstehen sich eigentlich gegenseitig nicht. Auch die Lebensideale und Visionen klaffen zwischen Elefantennilpferden und Gesellschaftsvertretern weit auseinander. So erleben Letztere mit Beruf, Familie und Kindserziehung ihre Erfüllung und Aufgabe. Traditionell scheitert das Elefantennilpferd an dieser Herausforderung. Es weiss sich aber unter Verwendung obiger Begriffe zu tarnen, um sich derart unbemerkt seinen Träumereien hingeben zu können.

Es erscheint ihm dann viel vernünftiger, sich tagelang in irgendeiner dunklen Drecksgrotte wie dem Mugge in für die Gesundheit des Rückens prekären Stellungen mit Grigri und Jümar an ein Seil zu hängen und einen Überhang von Unmengen Bruch zu befreien. Um daraufhin nochmals tagelang den Fels von unzähligen Schichten Kalkausfällungen zu reinigen. Jedoch wohlbedacht Strukturen auf grifftauglichkeit zu prüfen und solche, die sich schon beim Anschauen aufzulösen scheinen und sogar ganz lose Riesenschuppen, durch eine Investition von hunderten Schweizer Franken in Sikadur 31 und Blitzzement zu verfestigen. Es freut sich dann an der Entstehung einer bombenfesten Neutour mit brachialer Schwierigkeit in einem wunderbar aufgeräumten Klettergebiet.

Da weiss es - frei nach Ben Moon - einfach für sich: Mugge is better than any part of Buoux :)

Daheim hat es vergessen Brot einzukaufen, die Küche und den Boden zu putzen sowie die Post zu erledigen. Aber für es scheint das so ziemlich egal zu sein, denn es weiss, dass man im Leben nicht alles verstehen muss.

Es meint so viel müsse es nicht verstehen, dass es viele, viele Jahre braucht, bis es bemerkt, dass es wegen überschäumender Lebensfreude beim Essen eigentlich immer mehr Kilos auf die Waage bringt – ganz wie es sich für Elefantennilpferde eben gehört. Und mit den Kilos auch immer mehr Jahre mit sich herumschleppt. Es ist 43 Jahre alt und erhält schon einmal die Einladung zur Vorprüfung für die Aufnahme zu den Alt-Dinos. Das Elefantennilpferd kennt einen Alt-Dino, nämlich den Verticalsoul Jura-Dino. Im Zwiegespräch hat es herausgefunden, dass Alt-Dinos den Mugge meiden. Schlagartig wird ihm bewusst, dass es bald auch den Mugge grossräumig umfahren und wohl nie sein mühsam erarbeitetes Kunstwerk erklettern wird. Dieses eine von der Erschliessung her teuerste und aufwändigste Projekt (vielleicht die teuerste und aufwändigste Route seit Elefantennilpferd-Gedenken).


Seltsames geschieht. Seit Februar trainiert es nach ausgestandener Kletter-Motivationskrise wie verrückt in Soyhières, wo es zwar fast nirgends hoch kommt, jedoch sein im Winter mühsam angefressenes Übergewicht in den Überhängen gewinnbringend an die Unterarme hängt und diese folglich an Volumen und Erholungsfähigkeit zunehmen. Ungewöhnlich früh einsetzende Hitze Anfang April verschlägt das Noch-Elefantennilpferd an den Mugge, wo es sich asketisch-mönchisch-kontemplativ der Aufgabe hingibt. Es beschäftigt sich sogar mit seinem Speiseplan, welcher ihm nach ein paar Wochen das Gefühl von Leichtigkeit wie ein Heliumballon verleiht. So leicht, wie seit acht Jahren nicht mehr. Jedoch treibt die Hitze das arme Tier fast in Verzweiflung. Doch dann eine unerwartete Abkühlung für eine knappe Woche.

Es nutzt seine Chance am allerletzten Tag, bevor das Barometer wieder zu steigen beginnt. Das im 2005 eingerichtete und bekanntlich nach gewissen Vorarbeiten nun durch verdoneske Felsqualität bestechende Projekt durch die weisse Wand gelingt. Dieses heisst seitdem treffenderweise ´Whitestripe‘ mit der für Elefantennilpferde selbst in kurzzeitigem Heliumzustand astronomischen Nummer 8b+ (à confirme!). Und es konnte im Durchstieg sogar seine Nerven im Zaum behalten, was besonders beim letzten Zug des heiklen und powerigen Ausstiegs (‘Affairs etranger‘) mehr als nötig wird. Eine kleine nervöse Nähmaschine wie bei einem Anfänger liess sich dann doch nicht ganz vermeiden. Aber wie soll es auch anders sein, ist man doch in solchen Schwierigkeiten immer nur Anfänger… (ausser Ondra und Sharma – aber die sind ja auch nicht einfach nur “man“…).

Doch dann kam das, was das Nilpferd noch nachdenken liess, ob es nicht gerade seinen besten Klettertag erlebt habe. Es hatte nämlich ein weiteres Erstbegehungsprojekt im Niveau 8a+/b.

Sein Lieblingsprojekt, weil es der Meinung ist, es handle sich um den besten Climb am Mugge überhaupt. Eine 35 m Riesendiagonale mit noch mehr Klettermetern vom Einstieg ‘Arachnida‘ , ab 7. Bolt rüber das ’Eigene…‘ querend zur Crux von ’Holiday…‘ und schliesslich zum Ausstieg von ‘Achse des Bösen‘. Es war einer seiner besten Fights. Vielfach mit knappem Ausgang wegen der gepumpten Arme und der in Verzweiflung angesprungenen Griffe, so dass dem armen sichernden Domi Grimm vor lauter Mitaufregung ebenfalls noch fast schlecht wurde.

Das alles war dann auch dem Nilpferd schon fast zu viel des Guten, dass es sich nun fragt, warum und wieso…
Aber eben – man muss im Leben nicht alles verstehen.

Kommentare

martin hat gesagt…
yeppaaaa, elefanten-nilpferd rockt mit weis(s)en streifen - und seid wann moven enpf so dynamisch... ;)) WAS für ein tag - gratuliere!!!

hat sich also gelohnt all diese stunden in diesem drecksloch abzuhängen ;) ich schicke dem jens auf XX.nu mal deinen bericht, so als illu wie man(n) das auch noch machen könnte mit kletterberichten. nur hab ich das leise bedenken, dass der das (wie so vieles) nicht schnallen würde und dann was über; "world record" vom elefanten-nielpferd schwafel würde...

let's rock n roll, gruss von nem anderen elefanten-nilpferd