Septumania - Vorbereitung

von Markus

Es war das Jahr 2002, als ich wiederum im Nachstieg mit Silvio durch die „Motörhead“ am Eldorado kletterte. Ich erinnere mich noch gut an dieses Unterfangen, war ich doch bei Seillänge 8 völlig fertig und ausgebrannt. Irgendwie schaffte ich es noch die restlichen Seillängen bis zum Ausstieg zu klettern und dann wieder hinunter zum Materialdepot zu gelangen. „Der Abstieg – oh nein - den will ich nie mehr durchleiden müssen, ich will nie mehr in meinem Leben so fertig sein wie heute“ sagte ich mir damals und so verabschiedete mich von der „Septumania“. Für mich war die Sache stimmig. Der Verstand sagte ok, das war’s, das Herz dagegen litt Höllenqualen.

Soll ein Traum nicht ein Traum bleiben, so braucht es Taten. Erst im 2010 war es wieder soweit, dass ich mich ernsthaft mit der „Septumania“ auseinandersetzen konnte. Ich wollte es nicht bei meinem Traum belassen und so fragte ich sehr engagiert in der Kletterszene, wer mich denn durch die „Septumania“ begleiten möchte. Viele Leute haben die Route bereits geklettert und eine Wiederholung stand für sie ausser Frage. „Septumania“, das ist dann doch ein ganz anderes Kaliber. Zwar wird die Route als „Plaisir“ gehandelt, aber die Absicherung ist mit „so…so“ bewertet und der Einsatz von Friends und Keilen muss sitzen. Dazu kommen die Gebirgslage, das in der Gegend unbeständige Wetter und dann die schiere Länge von 16 Seillängen mit insgesamt 500 Meter Klettermetern. 1 1/2 Stunden Anmarsch vom Hospiz zum Einstieg und diesen selbstverständlich nach getaner Arbeit wieder zurück. Mindestens 3 Stunden wandern steht auf der Aufgabenliste. Der Abstieg ist auch nicht so wahnsinnig toll und es braucht dann halt schon etwas „Beissen“ um eine Route von einer solchen Dimension angehen zu wollen beziehungsweise zu können.

Die vielen Absagen haben mich nicht gerade zuversichtlich gestimmt. Ich habe mir auch schon überlegt, mir diese Route einfach zu „kaufen“. Das geht ja heute problemlos. Es gibt viele Bergführer, die für etwas Geld ihren Kunden durch eine solche Wand führen. Aber eine Route „kaufen“, das war dann doch nicht das, was ich wollte. Es muss die gute alte Version des gemeinsamen Kletterns sein. Es soll jemand sein, zu dem ich volles Vertrauen habe, welchen ich als Menschen schätze. Denn ich weiss mit 100%-iger Sicherheit, dass ich exakt ein einziges Mal durch diese Route klettern werde. Zusammen sollten wir eine Route von Weltruf klettern, zusammen sollten wir Glück und Freude erleben, zusammen sollten wir dieses Abenteuer durch- und bestehen. So war meine Vorstellung.

Es war an einem wunderschönen Samstagnachmittag im März 2011, als sich eine bunte Truppe in Soyhières beim Klettern traf. Ich wusste, dass Domi im 2010 „Septumania“ geklettert hat. Natürlich fragte ich ihn über die Route aus und eine heitere Diskussion mit viel Lachen begann. Er sagte mir, ich solle mich nicht von der zweiten Seillänge erschrecken lassen. Der Rest sei einfach gut. So standen wir da, lachten über die interessanten Ausführungen von Domi über die Route und Christian pflichtete ihm überall bei. Langsam aber mit einer ganz besonderen Bestimmtheit beschlich mich das dumpfe Gefühl, dass die „Septumania“ wohl doch eine Nummer zu gross sein könnte. Just in dem Augenblick sagte Jürgen beim Auspacken seines Rucksackes, dass er auch gerne durch die „Septumania“ klettern wolle. Ich war sprachlos und Judith rettete sofort die Situation: Jürgen und Markus – klettert doch zusammen durch die „Septumania“! Schnell tauschten wir die Handy-Nummern aus und schon ein paar Tage später stand fest, dass wir am 20./21. Juni 2011 zusammen dieses Abenteuer angehen werden. Ab diesem Augenblick war ich nur noch nervös, wenn ich an das Eldorado dachte. Was in unendliche Ferne abzudriften drohte, erfuhr plötzlich eine ganz neue Dimension. Sollte es tatsächlich möglich sein, dass ich meinen Traum verwirklichen konnte? Sollten die ganze jahrelange Warterei, der ganze Verdruss, der ganze Frust über die vielen Absagen und verpassten Chancen ein Ende haben? Ist es wirklich wahr, dass Jürgen und ich zusammen durch die „Septumania“ klettern? Erlebe ich das wirklich oder ist das alles nur ein Traum?

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