von Chris
Les Concluses bilden, wie der Name schon vermuten lässt, ein
enges Tal - wild und eindrücklich. Im Talgrund mäandert ein Fluss und links wie
rechts säumen gelbweise Grotten die buschig bewaldeten Berghänge. Ein Paradies,
das zum Klettern einlädt.
Nach der Kühle in St. Léger erschlug uns erst einmal die
schwülwarme, dicke Luft. Da waren wir schon gleich einmal froh darüber, dass
wir nicht weiter als die gemütlichen zehn Minuten auf einem guten Wanderweg bis
zur Face Nord gehen mussten.
Die anderen Grotten liegen tiefer im Tal oder gar am Fluss
selbst. Deren Besuch würde einen schweisstreibenden Rückwerg bergauf bedeuten.
An der weissen Face Nord beeindrucken der grosse wulstige Überhang und ein paar
schöne Sinter, die über die ganze Wand verlaufen. Mit Climbs meist ab 8b
handelt es sich klar um einen Hardmover-Treffpunkt.
Für einen Roadtrip mit nicht so viel Zeit wollten wir uns
aber dem weniger anspruchsvollen Angebot bis 8a widmen. Allerdings ist unter 7a
dort nichts zu holen. Und die einzige namenlose 7a ist zwar schön und über
einen Doppelsinter toll zu klettern, jedoch arg kurz… Motiviert von St. Léger
versuchte ich anschliessend 'Chauffe qui peut', eine 8a, die weniger steil ist
und daher auch mehr Wandkletterei bietet. Nach einer mühsamen Boulderaktion an
kleinen, leider gechippten Leisten, baute ich diese gleich wieder ab. Aber
nicht die künstlichen Griffe minderten den Spass, sondern vielmehr der
splitterige, brüchige Fels. So beklagte ich wegen Trittausbrüchen mehrere
Abgänge.
Macht nichts, dachte ich mir und ging in die einladend sinterige 7c
der 'Scandale'. Nach 25 Metern an Sintern, welche uns beiden sehr gut gefielen,
ging mir dann auf, weshalb die so heisst… Die Züge zu und weg von einem grossen
aufgeklebten weissen Flussstein bilden die Crux… Es gibt Schöneres und etwas enttäuscht
zogen wir von dannen. Allerdings sage ich mir immer, dass einem Klettergebiet,
zumal wenn es so schön liegt wie dieses, immer eine zweite Chance gewährt
werden muss. Die Erfahrung lehrt, dass manchmal nicht der richtige Zeitpunkt
für einen bestimmten Ort ist. Dann braucht es einen neuen Anlauf und man kann
mit frischem Geist die Gegend neu entdecken…
Der Alternativentscheid fiel auf Cèüse. Abkühlung in der
Höhe klang vielversprechend genug, um es trotz der vielgehörten Warnung,
während Juli und August würden Horden von Kletterern die Einstiege jeder Route
belagern, zu versuchen. Nun, so war es dann auch. Dennoch erlag ich der
Vorstellung, diese Fluh nach vierzehn Jahren wieder einmal zu berühren. Als
Papa mit Kind war es in den letzten Jahren wegen des Zustiegs einfach keine Option
dort klettern zu gehen. Irgendwie hatte ich Cèüse deshalb auch innerlich
verdrängt. Nun kehrte ich zurück.
Ich hatte Erinnerungen an das Gebiet und in diesen schien
mir Cèüse als sehr überhängend. Wie gross war die Überraschung, dass ich das
nicht mehr so empfand. Sogar die eindrücklichste Wand des Gebiets, jener der
'Biographie', präsentierte sich mir nicht mehr so steil. Dafür ist aber die
Felsqualität immer noch bestechend. Also freute ich mich darauf mit Tina, die
noch nie in ihrem Leben dort oben war, die sagenumwobene Qualität der Kletterei
in grandioser Ambiance zu geniessen.
Da tat sich aber die zweite Überraschung auf, denn Tina
wirkte skeptisch und nachdem wir uns in einer Reihe anstehend zu einer
Warm-up-6c durchgewartet hatten, wirkte sie nach ihrem Gebietseinstand sogar
demotiviert. Zu technisch befand sie. Zu wenig interessant und
abwechslungsreich. Im Vergleich zu den Sintern von St. Léger auch eintönig.
Selbst eine 7a - die zugegebenermassen wirklich technische Stehkletterei à la
Grande Voie im Alpenkalk zu bieten hatte - konnte sie nicht aufheitern. Das
musste ich allerdings erst einmal begreifen lernen: Nämlich dass das
vielgepriesene Céüse gar keine so tolle Kletterei ist!
Irgendwie steckte mich das an und so suchte ich mir zum
Ausgleich einen wirklichen Überhang. Ich fand auch einen, nämlich den vom
'Bourrinator', einer klassischen 8a, bei der - wer hätte es gedacht - man ganz
schön ziehen muss. Trotzdem, der "Zauber von Céüse" war verflogen und
dann dachte ich mir noch - während ich für einen weiteren Versuch wieder 2
Stunden warten musste, bis vor mir die beiden Tschechen, der Pole Adam und die
zwei sich in ihren Go's gegenseitig "Geht scho, geht scho!"
anschreienden, sonst wortkargen Deutschen und ein von der Menschenmenge
gestresster Engländer ("for working projects Céüse is definitely not the
place to stay in summer "), durch die Route gerumpelt waren - dass ich wegen der
abgeschmierten, cremigen braunen Bänder und Sandkrümel in den feuchtnassen
Löchern am geliebten Mugge daheim nicht schlechter bedient gewesen wäre :) Ergo
ist Mugge gleich gut wie Céüse!
Übrigens hätten die Jungs vor mir vom
Altersdurchschnitt her gut und gern meine Kinder sein können. Trotzdem zog ich
dann noch vor ihnen die Tour :) Nicht dass mir persönlich dies aus irgendwelchen
banalen Konkurrenzgründen wichtig wäre - im Gegenteil, ich hasse Konkurrenz und
Wettbewerb am Fels. Aber ich mag's trotzdem immer irgendwie nach erfolgreichem
Durchstieg beim Abgelassenwerden zu sehen, wie sich dann die Jungs von mir
Elternfigur mit Falten in den Augenwinkeln abwenden, die Hände tief in den
Taschen ihrer Daunenjacken schieben und scheinbar teilnahmslos in die Ferne
starren… Vor allen Ding dann, wenn ich beim Ausbouldern auch noch viel
schlechter als sie ausgesehen habe…
Tina liess mich dann noch einen Tag in dem wirklich
phänomenalen Ultraklassiker 'Colonnettes' gewähren. Danke, meine Sonne! Dieser
wartet zwar mit einem grauseligen Bouldereinstieg auf, dann aber bietet dieser
die einzigen Sinter in Céüse und oben in cooler Position sagenhafte
Lochkletterei. So kam ich doch immerhin zu meinen ersten 8a's dort und insgesamt
mal wieder in den Genuss des grossartigen Fernblicks. Das war's dann aber
schon. Griffige Sinterkletterei musste für Tina her. Im Süden war es aber zu
warm geworden… im Norden… aber Ja doch: La Balme bei Chambéry, ein beliebtes
Sommergebiet mit endlos viel Sintern.
Part 3 folgt
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