Breaking Bolts - na ja... News... Der Herbst 2011

von Chris

Leider fällt es mir nicht immer leicht, den Blog à jour zu halten.
Darum hole ich nun im Crashstil mit den Highlights des Goldenen Herbst 2011 auf!

Viel Zeit ist schon wieder seit dem Sommer vergangen und wir hatten wohl den schönsten Herbst seit Klettergedenken mit fantastischen Bedingungen und fast ausnahmslos trockenen Felsen.

Ein absolutes Highlight stellte für mich der Birchboden hoch oben überm Alpnachersee dar. Fantastische Routen, teils in Ceüse-Style und jede mit einem anderen Charakter und Anforderungen in bestem Fels drohen in Vergessenheit zu geraten. Scheinbar wird das Gebiet nur selten besucht.
Fehlende Chalk- und Abnutzungsspuren weisen zumindest darauf hin. Ich hatte schon lange von der legendären 'Mountain Shark' gehört und dieses Jahr wollte ich es doch wissen.

Dank Reto Ruhstaller, der ein paar der Perlen dort eingerichtet hat, kam ich an First Class Infos. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal so motiviert und effizient geklettert bin wie da oben auf 1600 Metern. Jedoch muss erwähnt werden, dass es trotz der Höhe und Schatten ab 13 Uhr unbedingt gute Bedingungen haben muss.

So finden sich viele kleine und scharfe Leisten sowie überraschend abschüssige Löcher (die von unten gesehen viel besser zu sein scheinen). Da mag man dann schon nicht daran herumrutschen!

Zum Glück liess ich mich nicht von meinem ersten Besuch mit Sämi abschrecken, als wir bei schwülheissen Temperaturen kaum abheben konnten. Die folgenden Besuche gestalteten sich dann wunderbar (mit einer Ausnahme im Nebel und Regen am Vortag, welcher den ganzen Fels mit Nàsse überzog...).

Nacheinander gelangen mir 'Cascade Sharade', 'Mountain Shark', 'My land is your land' - alle 8a+ - und die überaus komplexe und hochinteressante 'Ma Vlàst' 8a. Danke Alex, Tina, Christoph, Tom und Domi. Ich werde auf jeden Fall nächstes Jahr wieder dort oben sein. Auch der einstündige Zustieg ist schon landschaftlich lohnend. Wer Infos möchte, darf sich gerne an mich wenden.

Noch einmal ging es nach St. Lêger, wo Tina, Luca und ich die unglaublichen Überhänge des 'Baleine', ein enormer Felsriegel in Form eines Walfischs, für uns entdecken durften. Es war zwar noch recht heiss im Oktober, aber die einzigen drei kühlen Tage reichten dann auch für die drei durchstiegenen 8a 'Coloscopie', der Klassiker, der unglaubliche 30 m Sinterkletterei mit charakteristischer Crux bietet, 'Un monde sans gaucho est sans issue' mit 30 m Resistance an guten Griffen (Video folgt) sowie 'L'apnées de la petite grenouille', eine hochspannende, boulderlastige Leisten- und Hookkletterei an der Face Nord. Alles nur zu empfehlen!!!!

Danach plante ich als Saisonhöhepunkt mein Projekt in Soyhières. Im November 2009 richtete ich mit zwei Bolts eine Verbindung des ersten Teils von 'Déjà' bis zum Rest und weiter zur oberen, wunderbaren Hälfte von 'Temps Difficile' ein. Eine logische und schöne Linie, nicht einfach nur eine Kombi. Diesen Herbst hatte ich mit den Bedingungen Glück: entscheidende Löcher blieben trocken. Die Nässe waren in meinen Versuchen im Jahr 2010 und Ende Winter dieses Jahr eine zu hohe Hypothek. Aber die Geduld zahlte sich aus und ich wurde mit einer meiner schönsten Klettereien belohnt. Nun heisst die Route 'Huitième Dimension' und dürfte bei 8b+ einchecken. Andi hat sie nur zwei Tage später bereits wiederholen können.

Die Ausdauer für Soyhières hatte ich mir am Mugge mit der ersten Begehung von 'Integral' 8b geholt. Diese zieht gleich der 'Integral Change' als Riesendiagonale durch die ganze Grotte, nimmt aber die Cruxpassage von 'Whitestripe' mit. Der Tag der Erstbegehung gestaltete sich noch eindrücklich. Aus einem nicht klar nachvollziehbaren Grund meinte ich einen Kaltstartversuch ohne jegliches vorheriges Aufwärmen versuchen zu können. Ich kam dann tatsächlich auch bis zum Beginn der letzten Passage von 'Achse des Bösen', fiel jedoch mit dem Pump meines Lebens aus den grössten Griffen! Danach hatte ich zwei Stunden lang Arme, die sich wie leere Röhren anfühlten. So krass habe ich das noch nie erlebt, ich konnte nicht einmal mehr sichern... (Merci für's Verständnis Domi und Tom). Am späten Nachmittag stieg ich dann aber doch noch einmal ein, ohne Erwartung wegen der kaputten Arme und der erste Teil ging auch wirklich nicht gut - dennoch kam ich durch. Yuppiieeehhh! Sowohl 'Integral Change' und 'Integral' gehören für mich zu den besten Muggeclimbs überhaupt!

In Soyhières war aber noch lange nicht Schluss. Und das Wetter schien unendlich lang schön zu bleiben. Überhaupt Soyhières - das Gebiet erlebt zurzeit ein Revival und an manchem Climb muss man gar Schlange stehen! Insbesondere 'Barbarella' mausert sich zum Neoklassiker par excellence! So viele Begehungen (unter anderen auch Sämi und Andi Schreiber). Der Knaller aber hier: Mit der 19-jährigen Kathy Choong erhielt die Tour auch ihre erste Begehung durch eine Frau und dass in nur trois petites seances... Mit 58 Jahren hält Tinu Grossen neu den Altersrekord, mit dem er Silvio Falchi ablöst. Chapeau an die beiden Altmeister! Das lässt doch (noch) jüngere Semester für die Zukunft hoffen ;)

Weil ich gerade einen guten Lauf hatte, fügte ich der Routenliste das im März eingerichtete Projekt rechts von 'L'âge d'or' hinzu. 'L'ambiance de l'espace' ist auf jeden Fall hart 8a oder vielleicht auch mehr, verläuft über perfekten Fels und ist sehr abwechslungsreich. Es handelt sich um mehrere Boulderpassagen zwischen ordentlichen Rests und endet ganz oben mit dem Herzchasper-Zug von 'L'âge d'or L2'.

Nun plätschert die Saison aus - buchstäblich, denn es scheint sich eine Regenperiode anzukünden... Immerhin habe ich nach gut zwanzig Jahren eine für mich kletterbare Lösung der Crux von 'L'enfer' gefunden, eine Route mit einer Boulderstelle mit einem für mich unlösbaren 'Antigriff', die mich wie keine andere so dermassen paralysiert und meine Grenzen aufzeigt, obwohl viele Begeher und Aspiranten der Meinung sind, es sei die einfachste der schweren Soyhières-Routen. Na Ja, sage ich da, Schwierigkeitsgrade sind wie Schall und Rauch. Für mich ist und bleibt die Tour einfach ein Challenge - die neue Lösung verspricht einiges ist aber wirklich bretthart...

Ach Ja, ich habe schliesslich doch den Pfeiler über 'Prelude' eingebohrt und lasse die Linie nun dem Weg des geringsten Widerstandes folgen. Dennoch, 8b+ oder mehr wird's sein... Es ist ein offenes Projekt, genau wie der Pfeiler mit dem Riss am rechten Felsmassiv, den Max Mittmann schon eingebohrt hatte. Nun wurden von mir drei Haken in die logische Kletterlinie versetzt. Christoph ist schon nahe am Durchstieg. Eine Fünf-Sterne-Linie!!

Im Übrigen habe ich auch am Mugge das Routenelement 21 fertig mit Klebehaken und Fixexpress eingerichtet und mit gütiger Mithilfe von Christoph im Projekt (Boulder an kleinen abschüssigen Leisten) gleich rechs vom Ausstieg des 'Luminator' die Umlenkung gesetzt. Am Mugge ist die Zukunft gesichert, nachdem ich nun fast alles dort geklettert bin...

Gestern war noch ein spezieller Tag, sozusagen der würdige Schlusspunkt unter einer sagenhaften Saison. Ich hatte die spezielle und wohl eher seltene Gelegenheit einen astreinen Durchstieg von 'Rammstein', einer recht derben 8c, sichern zu dürfen. Andi Winterleitner zog sie noch im dritten Versuch des Tages, obwohl die zwei Go's davor (wie die letzten zwanzig Versuche überhaupt) immmer erst über dem letzten Haken endeten.

Bald wird es ein Video in HD-Qualität geben mit Andi in 'Rammstein', mir in 'Huitième Dimension' und mit Kevin in 'Temps Difficile' (...der so herzzerreissend knapp am letzten Haken scheiterte. Next year, Kevin ;) Allez-y!!).

Nach Andi's Durchstieg von 'Rammstein' (just in time, kann man da nur sagen) hatte alles plötzlich eine Stimmung von Abschiednehmen... Die allzufrüh einbrechende Dunkelheit, der einsetzende Regen und der Abbau der Fixseile, die wegen der Filmaktion ein paar Wochen gehangen hatten.

Wir kommen wieder - nächstes Jahr mit neuen, frischen Träumen...

Kommentare