Klettern im Winter


Von Markus

Das erste wunderbare März-Wochenende mit herrlichen Temperaturen ist bereits wieder Geschichte. Der Winter ist vorbei. Eigentlich kommt der nachfolgende Bericht wie die Alte Fasnacht daher. Aber irgendwie steckt schon soviel Gehirnschmalz in den Sätzen, dass ich diese nicht einfach löschen mag und euch an einer kleinen Episode in meinem Leben teilnehmen lassen möchte.

Basler Jura - Bärenfels
Seit Tagen gestaltet ein riesiges Sibirien-Hoch das Wetter in der Schweiz. Seit Tagen zeigt uns das Thermometer die kalte Schulter, will heissen die Zahlen unterhalb der Null-Grad-Grenze. Die Bise hält den Himmel klar und die Sonne scheint von einem wunderschönen blauen Himmel. Das Winterwetter ist doch noch zu uns gekommen und hat die Landschaft mit Schnee überzuckert und der Frost hält die weisse Pracht kühl genug um nicht zu schmelzen. „Herrlich“ denken die einen, „Saukälte“ die andern. Nun, es ist Winter und da sind die Temperaturen naturgemäss in unseren Breitengraden nicht mehr ganz so hoch und wir Kletterer müssen uns etwas in Geduld üben, bis wir wieder unserer Leidenschaft nachgehen dürfen. Geduld ist gefragt - nicht gerade eine ausgeprägte Tugend vieler Kletterer, so auch von mir. Aber müssen wir uns wirklich in Geduld üben? Schon seit vielen Jahren klettere ich auch im Winter, sofern das Wetter es zulässt, draussen in Gottes freier Natur. Jüschi hat mich seinerzeit zu diesem gelungenen Experiment überredet. Der bisherige eher fragwürdige Rekord liegt bei -2 Grad in Soyhières. Die Vorhersage meinte seinerzeit, dass es keine Wolke gäbe und die Sonne vom Himmel lachen würde. Nun, die Sonne versteckte sich hinter einer dicken Wolke und die besagten plus 4 Grad resultierten in minus 2 Grad. Wir realisierten diese unbedeutende Temperaturschwankung erst bei der Rückkehr vom Klettern beim Einsteigen ins Auto. Weshalb es nicht trotzdem versuchen, wenn wir schon nach Soyhières gefahren sind? Irgendwie wird es schon gehen, dachten wir uns alle. An diesem Tag gelang mir eine wunderbare 6b und ich fühlte mich super. Selbst Ilona hatte an diesem Tag ihren Spass!

Ja, es bedarf der vielleicht nicht ganz so sexy aussehenden langen Unterhose um nicht mit Frostbeulen heimzukehren. Auch die Anzahl der Kleiderschichten kennt nach oben kaum eine Grenze. Handschuhe und Mütze sind natürlich obligatorisch mitzunehmen. Eine gute Jacke ist auch angebracht. Auch schadet etwas Kälteresistenz durchaus nicht. Es braucht zudem auch etwas Mut den Rucksack zu packen, die dicken Schuhe anzuziehen und frohen Mutes an die Felswand zu gehen. Und das Wichtigste überhaupt: einen Kletterpartner, der mitmacht

Schuhe bis -32 Grad und 9 Schichten Kleider...
So auch an einem eher kühlen Samstag anfangs Februar 2012. Die Vorhersage versprach Klettern im Eisschrank. Der kälteste Tag der aktuellen Kälteperiode soll es werden, so der Wetterdienst. Aber der Himmel soll auch wolkenlos sein und somit, so meine Überlegung, kann die Sonne ihre bereits wärmenden Strahlen zu uns schicken. 

Wolkenloser Himmel, Sonne, Schnee - was will man mehr?
Heikes Frage traf per E-Mail am Mittwoch ein. Die Frage war ganz einfach: wann im B2? Ich überlegte nicht lange und erklärte meinen Plan. Es brauchte nicht viel Überredungskunst um Heike von einem Klettertag am Bärenfels zu überzeugen. Am Samstag parkte ich das Auto auf dem Parkplatz Angenstein. Das Thermometer zeigte stolze -13 Grad an. „Eigentlich ist es ja schon sehr gewagt, jetzt draussen klettern zu gehen“ sage ich zu Heike. Sie nickt nur und steht schon mit ihren für ihren Husky-Trip in Finnland eingekauften neuen bis -32 Grad die Füsse warm haltenden Stiefel zum Abmarsch bereit. Unser Plan: wenn es nicht geht, dann können wir ja immer noch umkehren, haben einen schönen Spaziergang im Schnee erlebt und können immer noch im B2 die Finger lang ziehen. 

Altmetall in der Schlusssequenz der Route
 Wir haben uns viel zu erzählen, haben wir uns doch schon sehr lange nicht mehr gesehen. Nach kurzweiligen 20 Minuten stehen wir zur Abzweigung an die Felsen. Der Schnee ist schön pulvrig. Es hatte schon jemand vor uns die Idee, einen Ausflug an den Bärenfels zu unternehmen. Wir steigen in dessen Fussstapfen hoch zu den Felsen, nicht ohne dass ich eine Komplettladung Schnee abbekomme. Da stehe ich, sehe beinahe aus wie ein Schneemann und schaufle mir den Schnee aus dem Nacken. Nach wenigen Minuten stehen wir unter der „Via Kathrin“. Wir schauen die Wand hinauf und kommen übereinstimmend zum Schluss: „Ja, heute können wir in dieser Route klettern“. 

Altmetall in der Schlüsselzone
Bald schon hängen meine Express (Jüschi meint, es sei eher Altmetall) und ich gehe die Route im Top-Rope an. So ganz ohne Schnee ist dann die Route doch nicht und es braucht zweimal den mutigen Griff in die weisse Pracht um die Stellen im unteren Teil klettern zu können. Die Schlüsselstelle und der obere Teil der Route präsentieren sich dann aber in bester Verfassung. Gut, ok, ich geb's ja zu. Beim ersten Durchgang hatte auch ich kalte Finger und das Klettern ging nur „auf Sicht“, denn ich spürte den Fels nicht. Sobald aber das Blut wieder die Fingerspitzen wärmte, war das Klettern ein Hochgenuss. So verbringen Heike und ich einen herrlichen Tag beim Outdoor-Klettern am Bärenfels und können den einzigartig guten Grip, die Ruhe, Stille und Schönheit der Gegend in vollen Zügen geniessen. Erst auf dem 20-minütigen Nachhause-Marsch spüren wir die Kälte. Die Bise nagt an der Haut und geht durch Mark und Bein. Gott sei Dank hat das Auto eine Sitzheizung. Die nehmen wir gerne in Anspruch.

Alles Gute kommt von oben


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