Von Chris
Und doch kenne ich kein Klettergebiet, von welchem ich abends glücklicher nach Hause komme. Wo die Tage erfüllt sind und auch ein Scheitern in einem Projekt nur die Lust auf das nächste Mal steigert.
Fassungslos war ich darüber, als ich Anfang Mai 2012 das erste Mal die Paroi besuchte und bald erfuhr, dass die Routen kaum geklettert wurden, viele wahrscheinlich nicht einmal mehr seit der Erstbegehung und auch wie viele Projekte es noch hatte. Up for grabs...
Julo bohrte die meisten Routen im Zeitraum 2000 bis 2004 ein. So manche der schweren Routen konnte er gar nicht klettern – nicht weil er zu schwach wäre, nein, sondern weil niemand an die Paroi mitkam. Seit ich nun regelmässiger an die Paroi gehe, konnte er nun doch noch ein paar Climbs ziehen, die auch für ihn drohten im Dornröschenschlaf zu versinken. So kann ich ihm etwas zurückgeben, durfte ich doch von ihm eingebohrte Projekte befreien.
Noch aussergewöhnlicher, weil doch sehr ausgesetzt, ist die gemeinsam mit Julo mit programmatischem Routennamen eröffnete 'Ils sont fou, ces Romains!". Der Fels sieht von unten nicht gut aus, ist aber sehr fest und daher gut. Mit den überraschenden Henkeln und 50 m Luft unter den Sohlen einzigartig.
Ein felsiger Strand an einem Meer aus Luft – das Band in der
Paroi des Romains. Traumzeit – gelebter Traum.
Mit Julo auf dem Band |
Dies ist der Ort, wo sich Träume zu Wünschen formen, dann zu
Gedanken, schliesslich zur Tat verwandeln. Zu kletternde Träume natürlich. Sie
sind Teil meines Selbst, welches immer wieder nach einem expressiven Ausdruck
sucht, das sich nicht nur in der alltäglichen Formensprache verwirklichen will.
Es
ist ein Luxusgut: klettern gehen zu dürfen. Ich bin mir dessen bewusst. Auch
dass jede davon gekostete Sekunde Gold wert ist. Es gibt keine Rechtfertigung
für das Für und Wider. Es ist meine Kunst – mein gelebter Ausdruck. Die Frage
nach Sinn und Zweck ist überflüssig, wenn es sich um Kreativität handelt.
Jedes Mal, wenn ich wieder auf dem Band sitze – schon weit
oben über dem Boden und noch einmal hundert Meter über der Strasse, begleiten
mich diese Gedanken und sie verlangen nach Tat.
Also habe ich gehandelt – mit dem besten Support, den man
sich vorstellen kann: Mit Tina, mit Julo, mit Markus.
Tina zieht die fantastische 'Arbeit macht frei' |
Nein, Klettern in der Paroi ist alles andere als à jour.
Es steckt schon Abenteuer darin. Es ist jedes Mal auch ein
kleines Unterfangen bis zum Band zu gelangen. Dann ist es auch kein Ort, wo man sich einfach 'mal
schnell trifft, gesehen wird, wo Showtime angesagt wäre. Dort ist man alleine und auf sich gestellt.
Das Band ist und bleibt für Träumer.
Und dies wird auch dieses Blog nicht ändern. Es wird nie
einen Boom geben. Denn Klettern in der Paroi bedeutet Aufwand, Herzblut, Liebe
zum Detail – denn es darf nichts schiefgehen so weit über dem Grund. Es muss viel überlegt werden, wie
man sich in dieser Wand bewegt – zum Teil von einer Route zur anderen. Dann,
wenn einer ein Projekt ganz links, der andere ganz rechts in diesem felsigen
Meer versucht. Begabung und Kreativität in Seiltechnik ist gefragt.
Und doch kenne ich kein Klettergebiet, von welchem ich abends glücklicher nach Hause komme. Wo die Tage erfüllt sind und auch ein Scheitern in einem Projekt nur die Lust auf das nächste Mal steigert.
Julo equipe 'Ils sont fou, ces Romains!' |
Unglaublich was Julo Zambetti für ein fantastisches Gebiet
mit modernen Routen neben den alten Aid-Climbs aus den sechziger und siebziger Jahren eingerichtet hat. Wie abwechslungsreich die einzelnen Sektoren sind. Wie viel
es zu entdecken gibt. Nicht immer ist der Fels der beste. Aber es gibt auch
besten Fels. Aussergewöhnlich schönen sogar.
Fassungslos war ich darüber, als ich Anfang Mai 2012 das erste Mal die Paroi besuchte und bald erfuhr, dass die Routen kaum geklettert wurden, viele wahrscheinlich nicht einmal mehr seit der Erstbegehung und auch wie viele Projekte es noch hatte. Up for grabs...
Julo bohrte die meisten Routen im Zeitraum 2000 bis 2004 ein. So manche der schweren Routen konnte er gar nicht klettern – nicht weil er zu schwach wäre, nein, sondern weil niemand an die Paroi mitkam. Seit ich nun regelmässiger an die Paroi gehe, konnte er nun doch noch ein paar Climbs ziehen, die auch für ihn drohten im Dornröschenschlaf zu versinken. So kann ich ihm etwas zurückgeben, durfte ich doch von ihm eingebohrte Projekte befreien.
Perdu dans l'espace |
Das grösste Geschenk war sicherlich die erste
Rotpunktbegehung der dritten Seillänge von 'La Cathèdrale', einem alten Technohammer aus dem Jahr 1977 von Frésard/Grimm und Brêchet. Selten haben mich
ein Kletterproblem und die Moves so begeistert. Hier war es ein gelebter Traum,
der insofern an Bedeutung gewann, da es das letzte Projekt vor meiner
Schulteroperation und nach meiner Rückkehr an den Fels der erste Climb am
persönlichen Limit war. Jetzt, drei Monate nach dem Durchstieg, jagen mir die
Erinnerungen immer noch eine Gänsehaut ein, während ich gleichzeitig lächle.
An der kleinen Wand von Al Qaïda zog ich überraschend
schnell das offene Projekt der Powertraverse von 'Knock Out Festival', ein Topclimb und in der
Linienführung sicherlich speziell.
Noch aussergewöhnlicher, weil doch sehr ausgesetzt, ist die gemeinsam mit Julo mit programmatischem Routennamen eröffnete 'Ils sont fou, ces Romains!". Der Fels sieht von unten nicht gut aus, ist aber sehr fest und daher gut. Mit den überraschenden Henkeln und 50 m Luft unter den Sohlen einzigartig.
Da ich nun die ganze Wand mit Ausnahme von Julos neuer
'Potion Magique' durchklettert habe, blieb mir nichts anderes übrig, als selber
zur Hilti zu greifen.
Perdu dans l'espace |
Herausgekommen ist 'Perdu dans l'espace'. Auch hier ist der
Routen-Nomen est Omen… So was Exponiertes gibt es bei uns kaum. Und an
Schönheit auch nicht. Ich glaube, diese gehört zur Top Ten meiner besten
Erstbegehungen. Sie verbindet 'Ils sont fou…' mit dem oberen Teil der 3. Länge
des Technohammers 'Cactus'.
Der Fels und die Moves sind aussergewöhnlich edel. Während
ich 'Cathèdrale' versuchte, habe ich oft in den glatten Panzer dieses Überhangs
geschaut und mir gedacht, dass wohl unter 8c nichts zu holen sei. Die Glätte
erscheint aber nur durch die versteckten Fingerklemmer und Incuts. Nun ist auch
dieser Traum schon gelebt. Sagte Markus noch, als er mich an Weihnachten in
Eiseskälte aufopferungsvoll beim Einbohren sicherte und ich ihm meine Bedenken
wegen der grifflos erscheinenden Platte erörterte: "Ich bin mir sicher,
dass du die bestimmt bis Februar schon geklettert hast". Er ist ein
Prophet. Seine Voraussage hat sich bewahrheitet.
Aber ich bin noch nicht fertig mit der Paroi… nein, nein.
Ein nächstes Projekt ist schon eingerichtet.
Der Traum wird weiter gelebt und ich darf wieder auf das
Band… mit Julo, Markus und Tina.
Ich freue mich auf zukünftige Zeiten. Danke
euch, dank der Paroi (sofern man ein Stück Fels personifiziert)…
Topo Update:
1. Super Moby 8a (35m)
2. Au-delà du réel 8a (40m!)
3. Potion Magique 7c+
4. Les Orgues 7c
5. La Cathèdrale 8b
6. Les aromes des Romains NL
7. Perdu dans l'espace 8a
8. Ils sont fou, ces Romains! 7c+
8. Fight Club 7c/c+
(Danke Markus für das pic!)
(Danke Markus für das pic!)
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