von Chris
Für mich war es klar, dass ich wieder
kommen musste…
Die Linien, die ich in der Grotte
gesehen hatte, sind atemberaubend…
Schön, ästhetisch, mit unglaublichen
Features…
Granit, vom rauen nordischen
Meeresklima zu kunstvollen Naturereignissen geschnitzt…
Als Kletterer ein Muss…
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Im Einstiegsboulder (pic: Joe. Merci!) |
So wurden diese Climbs nur schon vom
Anschauen zum Wunsch. Mindestens einen davon musste ich versuchen. Einer der
grossen Klassiker in Flatanger ist 'Nordic Flower'. Von Laurent Laporte
eingebohrt, wurde sie auf einer Gesamtlänge von 60 m im September 2011 durch
Joerg Verhoven als 9a zum ersten Mal durchstiegen. Nach Adam Ondra's on sight
im Jahr 2012 und nach weiteren Wiederholungen als 8c/c+ gehandelt. So war
'Nordic…' der erste Flatanger Climb, der durch die Medien bekannt wurde. Schön
für die Jungs, habe ich mir dabei immer gedacht. Für mich wohl eher ein Nole me
tangere…
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Nach dem Boulder in die Ausdauer (pic: Joe. Merci!) |
Die Linie, so lang wie ein
durchschnittliches Kletterseil, durchzieht diese noch immer lediglich die
Hälfte der ausladenden Fläche des Daches und bewegt sich ungefähr acht bis
zwölf Meter über dem ansteigenden Boden. Klettert jemand in der Route, ist man
als Zuschauer ganz nah dabei. Was ich erst vor Ort lernte war, dass durch den
kühnen Zick-Zack-Verlauf der Route um zwei 90°-Winkel, freundlicherweise auch
an Jurasaurier gedacht und ein Zwischenstand eingerichtet wurde, der es
erlaubt, die ersten 40 m, d.h. bis zum zweiten Eck, als 8b+ isoliert zu
klettern. Nota bene – es handelt sich damit um den leichtesten Climb durch das
Dach… Wollte ich mich diesem kletternd annähern, dann also nur über dieses
gekappte Teilstück…
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Untergriffschuppen... (pic: Joe. Merci!) |
Eine Vorstellung von den Anforderungen
bekam ich durch die Versuche von Christoph im Jahr zuvor. Nich sonderlich
überraschend sah das Ganze recht anstrengend aus. Eine Hypothek schienen mir die
reichlich kleinen Leisten im Startboulder (V8) zu sein. Bei einer Steilheit von
60° ein besonderer Challenge, ist doch Fingerkraft auf Leisten im steilen
Gelände eine meiner Schwächen…
Wie dem auch sei – voller Mut (…voller
Hochmut?) setzte ich mir diesen Climb als Jahresziel (…um ehrlich zu sein,
hatte ich noch ein ganz anderes Jahresziel, dass ich mir aber selber als
"geheim" einredete. Doch davon im nächsten Blog…). Drei Wochen meiner
Ferien für Ende August/Anfang September waren der ganze Einsatz… Würde es
reichen? Ich wollte es zumindest versucht haben. Ist ja auch langweilig, sich
immer zu sagen: "…kann ich ja eh nicht…". So klappt es natürlich nie.
Auf! Veni, vidi, und nicht traurig sein, wenn nicht vici… Der Weg ist das Ziel
und so bla, bla…
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Andy und Uli... |
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Tina auf dem Top des Hanshallaren... |
Gute, motivierende Partner sollten
auch dabei sein. Leider wollte OJD lieber noch einmal eine Ehrenrunde
trainieren, obwohl er bei der Routenwahl in Flatanger seine helle Freude hätte
(nächstes Mal, gell?...). Zu meiner grossen Freude waren schliesslich Andy und
Uli mit von der Partie. Das versprach hochkonzentriertes Rupfen. Andy brauchte
ohnehin ein ansprechendes Ziel, nachdem er sich aus einem Plafond herausgeklettert
hatte. Somit war er als Zugpferd am Fels, Low-Carb-Ernährungsberater und
Mentalcoach gesetzt. Uli, gleich alt und gleich lang kletternd wie ich und
somit ähnlich ver- und besessen vom Klettern, verstärkte uns mit seinen Vibes.
Mein Seelenheil legte ich Martina in die Hände, die uns nach den ersten zehn
Tagen folgte.
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Moody.... |
Für mich war es wie ein Heimkommen,
als ich in Strøm eintraf. Der Wohlfühlfaktor an
diesem Ort ist einfach einmalig. Im Haus selbst hat sich viel geändert. Berit
und Olav bewohnen ein neues Haus direkt am Fjord (Wow!) und bauten das alte
Gebäude um. Nun mit zwei Küchen und zwei Stuben ausgestattet, verteilt sich die
Dynamik, die durch mehrere Leute in einem Haus nun mal entsteht, schon viel
besser. Team America um Joe, Cameron und Elliott traf ein, Australier, nicht
sichtbare Spanier… ganz schön international. Auf dem Camping einige Deutsche
und wie aus der Versenkung auch Christoph, später auch Matthi und Stefan und
und und... Anzumerken, dass wir dasjenige Grüppchen bildeten, dass sich mit
drei Wochen den kürzesten Aufenthalt vorgenommen hatte … (woher haben die
Anderen immer so viel Zeit?...)
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Evening light in der Grotte... |
Natürlich stürzte ich mich gleich in
'Nordic Flower L1', warum auch nicht? Mit was sonst Anderem sollte ich mich für
das grosse Vorhaben eingewöhnen? Leider entwickelte sich das Projekt nicht zum
Selbstläufer. Der Einstiegsboulder und die kleinen Leisten darin zeigten mir
ganz schnell meine Grenzen auf. Und dann realisierte ich, dass ich nicht
einfach von Job auf Limit-Klettern umstellen konnte. Vieles war im Vorfeld der
Reise in der Arbeit noch vorzubereiten und Projekte abzuschliessen, so dass ich
mir die drei Wochen Auszeit überhaupt genehmigen konnte… immer dieses Ringen um
Output!
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Mit Olav und Berit auf Boattrip... |
Wohl spürte ich auch einiges vom
selbst gesetzten Druck, in der Route innerhalb der begrenzten Zeit auch Vorwärts
zu machen. Dann waren da noch Zweifel an der Form, weil ich nicht genau wusste,
wo ich nach der Trizepsverletzung überhaupt stand. Natürlich war es wunderbar,
dass die vollständige Ausheilung genau beim Antritt der Reise eintrat. Doch war
die Erfahrung damit noch frisch und schwang daher die Angst mit, eine
unbedachte Bewegung könnte die Verletzung womöglich wieder aufreissen lassen.
Ganz unabhängig davon, ob diese Furcht nun begründet ist oder nicht. Mit
Bewunderung und etwas Neid sah ich Uli und Andy, die vor Tatendrang und Energie
zu strotzen schienen und sich auch an den Ruhetagen ein aktives
Abenteuerprogramm ausdachten… Mir war eher nach Beine hochlegen zumute… That's
life!
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Meine Rasttagsbeschäftigung: Landschaftspics schiessen... |
Doch der Plan, mehrere Wochen Zeit zu
haben, zahlte sich aus. In der zweiten Woche kehrten die Energien und Power
zurück. Gerade rechtzeitig, war ich doch wegen der oben beschriebenen Leisten
schon praktisch am Aufgeben. Das vorerst sinnlos erscheinende Suchen nach einer
Lösung hatte wenigstens zum Resultat, dass sich die Finger und die Spannung im
Körper an die Belastung gewöhnt hatten. Step by Step. Jedem ausgeboulderten Zug
ging ein Fight für die beste Lösung voraus.
Und auch diese Hartnäckigkeit trug
Früchte. Schliesslich war ich in der Lage, den Boulder in zwei Etappen zu
klettern und von dort zwei Mal am selben Tag bis zu einer entscheidenden Stelle
im letzten Drittel weiterzu- und im dritten Go des Tages sogar durchzusteigen.
Die Tür war offen!
Vor allem, als ich wertvolle Beta von
Joe erhielt, der mich darauf brachte – ja, auch ich lerne in zunehmenden Alter
noch etwas – dass ein Knieklemmer nicht immer nur passiv sein muss, sondern
auch aktiv durch Pressen des Knies an den Fels wertvoll sein kann. Vor allem
mit einem Rubber-Knee-Pad, dass er mir grosszügig lieh. Thanks Joe!
Zeit zu haben, hat noch einen anderen
sehr wertvollen Nebeneffekt – man darf sich mehr Ruhetage gönnen. In der
zweiten Woche kletterte ich nur noch 1:1, d.h. ein Klettertag und danach ein
Ruhetag. So stellte sich auch die Erholung vom Arbeitsstress ein.
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Mein Seil kurz nach Durchstieg von 'Nordic Flower L1' |
Dann kam der 27. August – ein Tag wie
im Bilderbuch und der erste Tag mit Martina nach deren Ankunft. Ihre Präsenz
ein Glück! Sie kam hinauf in die Grotte, spürbar ihre Freude ebenfalls wieder
hier zu sein, diese unvergleichliche Landschaft zu sehen, die Meeresluft zu
riechen. Zweifelsfrei, ihre Begeisterung hatte einen enorm positiven Einfluss
auf mich. Die Bedingungen mit einem Wind ideal. Nur wenige Kletterer am Fels.
Etwas Besonderes lag in der Luft. Eine nicht beschreibbare Leichtigkeit, die
nun die anfänglichen Schwierigkeiten vergessen liess. Ich war frei, der Kopf
frei… ich war bereit für 'Nordic Flower L1'. In völliger Klarheit konnte ich
jeden Zug erleben und schliesslich die ganzen 40 m bis zum Stand der L1 ohne
Pump klettern! Es war Wirklichkeit geworden, was ein entfernter Traum zu sein
schien. Einer mehr, der sich dieses Jahr bereits erfüllt hat…
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Said in 'Litt på kanten 8a' |
Nun hatte ich mit Martina noch ganz
komfortabel 10 weitere Tage. Dabei fiel mir erst auf, was für eine enorme
Energie in unserer Gruppe herrschte. Es ist sicherlich der Klettertrip, während
welchem jeder von uns am meisten Climbs in seinem Niveau klettern konnte.
Darüber könnte man einen seperaten Blog schreiben – sprengt aber natürlich den
Rahmen… Fantastisch, wie Andy einen 8b nach der anderen zog, allesamt Klassiker
auf der linken Seite der Grotte; und schliesslich die komplette 'Nordic Flower'!
Was für ein enormer Fight bei seinen Körpermassen im Einstiegsboulder.
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Sara in 'Syvsover 7b' |
Uli, der
die wunderbaren 40 m Linien von 'Berntsenbanden extension', 'Trip', 'Frigg' und
auch 'Nagells Drömmedieder' ziehen konnte. Martina, die nicht nur noch offene
Projekte vom letzten Jahr abschliessen konnte. Gemeinsam eröffneten wir auch
'Syvsover', eine sehr ausdauernde 7b, die am 6. Bolt von 'Tungt møblert' nach rechts abzweigt. Wieder durften wir uns
grosszügig von den auf der Farm deponierten Bolts des Norges Boltefond bedienen. Ich hatte nämlich meine nagelneue Festool Bohrmaschine mitgenommen, die
nur sagenhafte 2,4 kg mit Akku wiegt. Kleiner Tipp am Rande: so ein
4.1-Ampere-Akku muss bei der Fluggesellschaft angemeldet werden, will man nicht
bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen als allfälliger Bombenleger verdächtigt und festgenommen werden…
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Matthi in 'Eventyr Extension 8a' |
Weiter eröffnete ich von unten und
quasi im Alleingang während eines patagonisch angehauchten Regensturms mit
kurzen 6 mm Bolts und Cams selbstgesichert die langerwartete Extension zu
'Eventyrblanding', eine offensichtliche Wahnsinnslinie und ein 40 m-Traum im
Grad 8a. Diese konnte ich am darauffolgenden Tag bereits punkten, weshalb ich auch
die noch unberührte Wand links von 'Mindstalker' um eine 35 m-Diagonale mit boulderig
tricky Leistenkletterei um ca. 7c+ bereicherte: 'Norsk Strikk'. Ferner die
kurze 'Akvarell' rechts von 'Overflatekjemi'. Mit 6b+ tönt es nach
Aufwärmroute. Aber leider sind die Züge am Anfang gleich die Bouldercrux…
Schliesslich gelangen mir noch die Feng Shui-Moves in der unvergleichlichen 'Massih
Attack ', ein von Eric Massih eröffneter 8b-Klassiker, der sich allerdings wie
8a anfühlte. Auch 'Trip 8a+', deren Erstbegehung mit Cams von unten und on
sight durch Adam Ondra letztes Jahr ich live erleben konnte (wurde nachträglich
von ihm eingebohrt) sowie die fotogene 8a-Kante der 'Litt på kanten', eine
Hangelparade, nur unterbrochen von einem deftigen Zwei-Zug-Boulder…
Fazit: Nie aufgeben! Träume wollen
geträumt und ausgelebt werden… Geduld gehört dazu!
Ich darf weiterträumen – nächstes Jahr
ein weiteres Projekt in Flatanger? Das wär's doch…
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