Nid d'Aigle an der Bielerwand

von Markus (mit Bildern von Richi Signer)

An bewährten Mustern soll man nichts ändern! Es ist wie immer: 11 Uhr P Angenstein und los geht die Reise in den Jura. Richi hat den Plan, dass wir eine vor langer Zeit erstbegangene Route klettern sollten. Der Name: «Nid d’Aigle» – übersetzt Adlerhorst – an der Bielerwand. Plagne ist immer so eine Sache, hat immer mit viel Engagement, Konzentration und Luft unter den Kletterschuhen zu tun. Bereits der Zustieg, der ja mehr ein Abstieg ist, fordert in der Regel schon viel mentale Kraft.

Am Ende der Leiter - endlich geschafft

Nach kurzweiliger Fahrt erreichen wir den Parkplatz, komplettieren und verteilen das Material und los geht’s auf die Suche zum Ein- bzw. Abstieg zur Route. Die zur Verfügung stehenden unterschiedlichen Skizzen helfen nicht unbedingt dabei, in kurzer Zeit den Abstieg zu finden. Alles ist etwas verzerrt dargestellt und stimmt nicht ganz überein. Und jeder, der schon mal in Plagne unterwegs war weiss, dass ein Schritt in die falsche Richtung der Gesundheit nicht speziell förderlich ist. 

Gleich nach dem Dach

Nach etwas Herumirren und Suchen finden wir das Seil, welches uns den Weg in die Tiefe zeigt. Der Abstieg ist steil und der staubtrockene Boden lässt diesen nicht einfacher werden. Bald schon erreichen wir die auch im Topo eingezeichnete Leiter, welche senkrecht der Wand entlang nach unten führt. Gott sei Dank habe ich den Klettergurt bereits an und kann mich mit Expressen an den Stufen sichern. Auf der Leiter geht es immer weiter runter und runter und runter. Es ist alles gut gesichert, alles kein Problem, doch etwas mulmig wird mir schon. Hört die Leiter womöglich mitten in einer steilen Wand auf? Wird es noch richtig anstrengend und womöglich sogar noch gefährlich? Von weit unten höre ich Richis Stimme fragen: «Kannst du eine überhängende Leiter runterklettern?». Und da ist es schon, das Superabenteuer! Konzentriert und fokussiert steige ich weiter ab. Weiter geht es senkrecht der Wand entlang in die Tiefe. Die Leiter endet und dann – oh Schreck – geht es wenige Tritte auf einer wackligen Trittleiter weiter hinunter zur nächsten nun aber wieder gut gesicherten Leiter. Meine Kontrollblicke auf die Befestigungen werden häufiger und schärfer, doch kann ich wirklich kein Problem entdecken. Die Leiter wird leicht überhängend, die Kraft in den Oberarmen ist etwas gefragt und schon stehe ich am Ende der Leiter auf sicherem Grund. Zielsicher schreitet Richi zum Nid d’Aigle. Das ist eine wunderschöne Grotte, perfekt ausgerüstet für einen gemütlichen Abend oder für ein Wochenende. Es muss ein Höllenkrampf gewesen sein, dieses Nid d’Aigle so schön auszubauen und einzurichten. Es ist ein herrlicher Ort.

Standplatz nach der ersten Seillänge

Es gibt neben dem etwas abenteuerlichen Abstieg über die Leiter auch die Möglichkeit, Nid d’Aigle auch auf einer von Hugo Weber erschlossenen Route von unten her zu erklettern. Wir haben jedoch lediglich die Wahl, den oberen Teil der Route zu klettern, denn an ein Abseilen ist nicht zu denken. Es würden viel zu viele kleine Steine und Geröll das Abseilen erschweren und somit auch gefährlich werden lassen. So klettern als nun die Route «Nid d’Aigle supérieur», welche am 31. Juli 1957 vom legendären P.-H. Girardin zusammen mit C. Soltermann eröffnet wurde.


Und einmal mehr bleibt mir nichts anderes übrig, als mich bei Richi für das Abenteuer und die Bilder herzlichst zu bedanken. "Nid d'Aigle supérieur" werden wir noch ein zweites Mal klettern müssen, denn ich Trottel habe wieder einmal die Kamera vergessen und so konnte ich das wohl beste Vorsteigerbild, dass die Welt je gesehen hat, nicht schiessen. Shame on me. Dannzumal werden wir jedoch mit dem von Hugo Weber eröffneten Zustieg starten. Ich freue mich jetzt schon auf diese Tour.

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