Le Paradis: Poils de cul de mammouth

von Markus

Ein wunderschöner Februar-Tag kündigt sich an. Samstag, der 23. Februar 2019, es ist wieder mein Klettertag. Die Sonne scheint von einem wolkenlosen Himmel, es ist somit ideales Wetter um eine Mehrseillängen-Tour zu klettern. 

Richi und mich zieht es natürlich einmal mehr in den Jura. Plagne, das ist unser Ziel. Die Fahrt ist kurzweilig, denn Richi und ich haben uns viel zu erzählen. Wenn Kletterer zusammen unterwegs sind, gibt es immer viel zu erzählen. Die Zeit vergeht im Flug und schon sind wir ganz nahe bei Plagne. Doch - oha lätz - wir haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Es liegt viel Schnee und die Wand von Plagne ist nass. 

Schnell entscheiden wir uns, bei La Heutte die Autobahn zu verlassen und fahren direkt zum Klettergebiet "Le Paradis". Schon im vergangenen Jahr ist uns eine wunderbare Linie aufgefallen, die rechts neben einem riesigen Dach vorbeizieht. Doch seinerzeit war es Frühsommer und wir verschoben diese Kletter-Idee auf später. Später ist immer so eine Sache. Aus später kann auch nie werden. Statt wie geplant im Herbst 2018 gehen wir diese Route nun heute an. 


Bald haben wir den Einstieg gefunden und schauen uns schon etwas verdutzt an. Bolts sind zwar vorhanden, doch die Kletterroute führt etwas eigenartig zwischen Bäumen und Sträuchern vorbei. Offenbar wird die Route sehr selten begangen und so wächst sie langsam aber sicher wieder zu.

Gemäss Routenbeschreibung, ist die Schlüsselstelle irgendwo weit oben. Für mich allerdings stellen sich die ersten Meter als die Schlüsselstelle heraus. Aus dem Stegreif derart komplizierte Moves zu machen, ist jetzt nicht mein Ding und ich tue mich auf den ersten 5 Metern extrem schwer. Ich fühle mich sehr unwohl, doch das Seil geht nach oben und da gibt es kein Zurück. Innerlich fluche ich wie ein Rohrspatz und frage mich, wer denn diese idiotische Idee gehabt hat. Die Antwort ist aber immer die gleiche: ich. So kämpfe ich mich zwischen Sträuchern und Bäumen durch zum Stand der zweiten Seillänge und stehe unverhofft unter einer wahnsinnig tollen Wandpassage. Wir sehen das riesige Dach, unter dem die Route durchführt. Richi steigt in gewohnt lockerer Art und Weise hoch und ich höre immer nur "sehr schön". Wenn ich dieses Prädikat höre, dann weiss ich, dass ich mich auf die nächsten Klettermeter freuen kann. Richi ist am Standplatz angekommen, fixiert sich und ruft mir zu: "Du kannst dich freuen". 

Ich gehe in mich und bin bereit, alles zu geben, zu kämpfen. Doch das muss ich nicht. Denn diese Seillänge ist etwas von besten was ich je geklettert bin. Es ist eine Wonne, diese Seillänge zu klettern. Bei mir setzt sehr selten der "Flow" ein, doch diese Kletterei lässt mein Herz höher schlagen und macht mich glücklich und zufrieden. Völlig fokussiert, ich bin nur im Hier und Jetzt, klettere ich durch diese unbeschreiblich schöne Seillänge. Allein um diese Seillänge nochmals klettern zu können, würde ich nochmals den Kampf mit Sträuchern und Bäumen aufnehmen.


Wir klettern entspannt die Route fertig, steigen ab und sind schon bald beim Auto. Auf der Nachhausefahrt ist natürlich die grosse Frage, was denn exakt der Routenname bedeutet. Wir beide sind mit der französischen Sprache nicht bis ins tiefste Detail vertraut. Es lässt Richi keine Ruhe bis er herausgefunden hat, was denn der Routenname "Poils de cul de mammouth" bedeutet. Mammut ist schnell klar, cul auch "irgendwie". Wir lachen beide laut, als Richi die Übersetzung klarmacht. Und ja - es stimmt - die Route hat den exakt richtigen Namen. 

 

 

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