Via Gottardo: In 18 Tagen von Nord nach Süd durch die Schweiz - 2021/1

Doch! (Antwort auf die letzte Zeile in diesem Post.)

Basil will mit mir von Basel bis nach Chiasso marschieren. Es gilt "gleiches Recht für beide". Ich wollte einmal von Aesch nach Zwingen marschieren und Basil begleitete mich auf der ganzen Via Jura von Basel nach Biel.

Basil möchte die Schweiz von Norden nach Süden durchwandern und dieses Mal darf ich ihn auf der Strecke begleiten. Via Gottardo - ebenfalls auf der SwissMobil-App zu finden - startet in Basel beim Bahnhof SBB und endet in Chiasso ebenfalls beim Bahnhof. Somit ist die Wegfindung schon einmal vorgegeben. 


Planung

Die einzelnen Etappen sind mit imposanten Kilometer-Zahlen versehen. Schon bald wird klar, dass es für uns unmöglich sein wird, die ganze Route an einem Stück zu wandern. Basil entwirft den Plan, in 9 Tagen von Basel auf den Gotthardpass zu gelangen. D.h. wir werden am Samstag, Sonntag, Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag wandern. Starker Tobak! Ich werfe ein, dass der optimale Zeitpunkt die Zeit mit den längsten Tagen wäre, also Juni, idealerweise Anfang Juni. Übernachten? Tja, da gibt es heutzutage tolle Apps, die ein IT-Dinosaurier wie ich nicht mehr kapiere, welche nur noch für die Jungen sind. Basil beruhigt mich, es werde schon irgendwie klappen. Und wie machen wir das mit dem ganzen Gepäck? Tragen? Das scheint mir die definitiv die zweitbeste Variante zu sein. Nach etwas Überlegen und Recherchieren hat Basil - wer denn sonst - die Lösung gefunden. Die Etappen enden jeweils an einem Bahnhof. So können wir nach der Etappe immer mit dem Zug zurück an den Etappenausgangsort fahren und mit dem voll beladenen Auto zum Start der nächsten Etappen fahren. 

Die Zeit bis zum Start

In der Auffahrts-Woche 2021 verbringe ich ein paar Tage in einem wunderschönen Haus in Reichenbach und es ist - wie mein Bruder sich auszudrücken pflegt - Markus Wetter. Ja, ich könnte wohl in der Wüste Ferien machen, es würde wohl regnen. Die ganze Auffahrts-Woche ist schlechtes Wetter und lässt nicht an ein "Wandertraining" denken. Ich rede mir ein, dass das Regenwetter gut ist, denn all das Wasser, was jetzt vom Himmel fällt, das wird es nicht mehr auf der Tour regnen. Das ist wohl wahr, was unten ist, ist unten.

Doch auch nach den Ferien bleibt das Wetter schlecht. Mein "Training" besteht daraus, regelmässig "einen Bogen" über das Bruderholz zu laufen und zu versuchen, die Rundtour immer schneller zu durchschreiten. Das gelingt recht gut, auch die Achilles-Sehne am rechten Fuss "tut recht". Es sieht gar nicht schlecht aus.

Es trifft ein, das Mail von Basil. Sein Vorschlag: Abmarsch am Samstag, 5. Juni 2021. Dieser Termin passt auch für mich sehr gut, ich fühle mich fit und etwas vorbereitet und sowieso habe ich jetzt wirklich Lust, diese Route anzugehen. Sofort sage ich zu und die Detailplanung kann stattfinden.

Und bis zum 5. Juni 2021 wird sich das Wetter sicher bessern. Das muss so sein, es wird dannzumal Juni sein und im Juni ist es immer angenehm warm und trocken und die Tage sind lang und hell.  

Etappe 1: von Basel nach Liestal am Samstag, 5. Juni 2021

Der Startpunkt in Basel beim Bahnhof

Der Tag des Starts ist gekommen. Die Wettervorhersage für den Samstag ist schlecht. Wir beide hoffen, dass wir ohne viel Regen die erste Etappe in Liestal beenden können. Der Startpunkt ist wiederum am Bahnhof in Basel, wie auch schon bei der Via Jura. Die Wolken hängen tief als wir über den Aeschenplatz Richtung Rhein marschieren.

Roche lässt grüssen und bauen

Auf dem Weg Richtung Hardwald kommen wir bei der Birsfelder Schleuse vorbei, einem Ort, den ich in meiner Primarschulzeit sehr gerne besuchte. 

Der Weg nach Liestal ist noch weit

Im Hardwald - gefühlt tausendmal mit dem Auto durchgefahren (ja, da wurde seinerzeit eine dicke, fette, breite Strasse quer durch den Wald asphaltiert) war ich noch nie und so lerne ich bereits in der ersten Stunde auf der Via Gottardo neue Orte kennen. Die Strecke führt weiter Richtung Muttenz. Doch bevor wir dort ankommen, werde ich ein erstes Mal aus meiner Märchenwelt gerissen. Schon gefühlt zehntausendmal bin ich von der Galerie Schweizerhalle nach Basel und umgekehrt gefahren und habe immer diese eine Brücke gesehen. Und jetzt führt der Weg genau über diese Brücke und nun stehe ich da auf der Brücke und bin schwer beeindruckt, was wir Menschen so hinbekommen - eine sechsspurige Autobahn auf der es gilt so schnell wie möglich von A) nach B) zu kommen. Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob man als Autofahrer im Auto sitzt und so schnell wie möglich von A) nach B) kommen will, oder ob der Wanderer auf der Via Gottardo auf dieser Brücke steht und versucht, den ganzen Wahnsinn zu verstehen. Mobilität - Fluch und Segen gleichzeitig. Basil und mir wird klar, dass wir auf der Via Gottardo wohl dieser Mobilität in Form von Autobahnen, Kantonsstrassen, Gemeindestrassen und Eisenbahn-Schienen ständig begegnen werden. Ein prosperierendes Land ist auf eine intakte Infrastruktur für die Mobilität angewiesen und wird auch immer alles tun, damit es so bleibt.

Schwer beeindruckt von der Autobahn A2 in Basel wandern wir weiter und der Regen holt uns natürlich ein. Bei der Post in Muttenz setzen wir uns hin, schauen auf den Regen und verpflegen uns. Der Regen hört auf und wir wandern weiter. Meine Achilles-Sehne schmerzt in der Zwischenzeit enorm und der Start nach der Pause ist äusserst schmerzhaft und harzig. Basil schaut mich fragend an. Ich jammere etwas von "braucht etwas Zeit, bis der Schmerz wieder weg ist" und wir machen uns auf den Weg zu den Ruinen auf den Wartenberg.

Die Aussicht vom Wartenberg bei Regenwetter

Es ist schon seltsam. Da wohne ich schon manches Jahrzehnt im Grossraum Basel und kenne die Gegend gut. Doch es gibt wunderbare Orte, an denen ich bisher noch nie war. Ich weiss ja, dass es die Ruinen auf dem Wartenberg in Muttenz gibt, doch ich brachte es bisher nie fertig, diese Ruinen zu besichtigen. Ich erkunde fürs Leben gerne alte Gemäuer und versuche mir immer vorzustellen, wie denn das seinerzeit war, das Leben ohne Zentralheizung, das Leben mit sehr wenig warmem Wasser, das Leben ohne Einkaufsmöglichkeiten an jeder Ecke, das Leben abends ohne Internet und dergleichen.

Die wunderschöne Ruine Wartenberg

Der Aufstieg ist steil und mühsam, doch die Aussicht und die auf Tafeln notierten Informationen über den Ort ist Belohnung pur. Weiter geht es Richtung Egglisgraben, Schauenburg und Liestal, wo wir kurz vor einem apokalyptischen Unwetter den Zug zurück nach Basel besteigen.

Liestal - Kurz vor dem nächsten heftigen Gewitter

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